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24.01.2023 - Weisungen während der Führungsaufsicht: Voraussetzungen einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung

Datum der Entscheidung
24.01.2023
Aktenzeichen
1 Ws 151/22
Normen
StPO §§ 463a Abs. 4; StGB § 66 Abs. 3 S. 1, 68b, 68d Abs. 2 S. 1
Rechtsgebiet
Strafprozessrecht
Schlagworte
Strafprozessrecht, Führungsaufsicht, Aufenthaltsweisung, Landkreis, Polizeidienststelle, KURS, elektronische Aufenthaltsüberwachung, elektronische Fußfessel, Home-Unit, Mobiltelefon
Titel der Entscheidung

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Weisungen während der Führungsaufsicht: Voraussetzungen einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung (271.8 KB)
Leitsatz

1. Unter einer „Dienststelle“ i.S. des § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 StGB ist jede an einem bestimmten Ort zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben errichtete und mit entsprechendem Personal ausgestattete staatliche Einrichtung zu verstehen, wozu namentlich auch Polizeidienststellen gehören.

2. Eine auf den Wohn- oder Aufenthaltsort bezogene Weisung nach § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB kann im Einzelfall von hoher Eingriffsintensität sein, weswegen umso mehr auf die Zumutbarkeit für den Verurteilten zu achten und die Weisung sorgfältig zu begründen ist, je enger die Mobilitätsgrenzen gezogen werden und je weniger die Weisung zeitlich und in ihrer Dauer eingeschränkt wird.

3. Der Gesetzgeber hat bei der Fassung des § 68b Abs. 1 S. 3 Nr. 4 StGB bewusst (nur) darauf abgestellt, ob die Weisung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (§ 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 StGB) „erforderlich erscheint“, um die verurteilte Person von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Abs. 3 S. 1 StGB genannten Art abzuhalten. Da sich diese Bewertung auf das zukünftige Verhalten der unter Führungsaufsicht stehenden Person bezieht, dürfen insofern keinen überspannten Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung gestellt werden.

4. Das Bewusstsein eines Verurteilten darüber, dass sein Aufenthalt aufgrund einer elektronischen Fußfessel jederzeit mitverfolgt bzw. nachvollzogen werden kann, ist geeignet, seine innere psychische Schwelle zur Begehung neuer Straftaten signifikant zu erhöhen.

5. Bei der Prüfung, ob das Tragen einer elektronischen Fußfessel i.S. des § 68b Abs. 3 StGB unzumutbare Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten stellt, ist einerseits der damit verbundene Organisationsaufwand für den Verurteilten zu bedenken, andererseits aber auch das Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit, nicht neuen erheblichen Straftaten des Verurteilten i.S. von § 66 Abs. 3 S. 1 StGB ausgesetzt zu werden, zu berücksichtigen. Für die Abwägung spielt auch eine Rolle, dass von den Geräten zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung gesundheitliche oder berufliche Beeinträchtigungen grundsätzlich nicht ausgehen und das Fortbestehen der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung gemäß § 68d Abs. 2 S. 1 StGB von Gesetzes wegen einer regelmäßigen zweijährigen Prüfung unterliegt.

6. Zu den Maßnahmen, mit denen eine übermäßige Belastung des Verurteilten mit negativen Auswirkungen von Störungen des Senders der Fußfessel oder einer zu starken Kontrolle innerhalb seines Wohnbereiches vermieden werden sollen, gehören regelmäßig die nicht strafbewehrten, auf § 68b Abs. 2 StGB basierenden Weisungen, die sog. „Home-Unit“ für die elektronische Aufenthaltsüberwachung in seiner Wohnung aufstellen zu lassen, an der Beseitigung von Störungen durch den Vor-Ort-Service mitzuwirken und dem beauftragten Unternehmen den Zutritt zur Wohnung zu gestatten sowie ein dem Verurteilten durch die Überwachungsstelle zur Verfügung gestelltes Mobiltelefon ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen, dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen und seine telefonische Erreichbarkeit sicherzustellen.