Schlagworte
Strafprozessrecht, Strafvollstreckung, Beschleunigungsgebot, Organisationshaft
Leitsatz
1. Der überlange Vollzug von Organisationshaft zur Vorbereitung des Vollzugs einer angeordneten Maßregel begründet eine Verletzung des Freiheitsgrundrechts des Verurteilten.
2. Ob eine festgestellte Rechtsverletzung durch einen überlangen Vollzug von Organisationshaft zu einer Entlassung aus der Haft zu führen hat, ist anhand einer Abwägung zu beurteilen, für die es maßgeblich ankommt einerseits auf die Gefährlichkeit des Verurteilten und die dadurch tangierten Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit sowie andererseits auf Ausmaß und Intensität der Rechtsgutsverletzung durch die verzögerte Sachbehandlung und überlange Dauer der Organisationshaft.
3. Die Beurteilung der Gefährlichkeit des Verurteilten im Rahmen dieser Abwägung ist vorzunehmen auf der Grundlage bestmöglicher Sachaufklärung, was insbesondere auch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Verurteilten im Vollzug einschließt. Es kann unter diesem Gesichtspunkt auch eine mündliche Anhörung des Verurteilten geboten sein, bei verbleibenden Unsicherheiten auch die Einholung einer sachverständigen Stellungnahme.
4. Für diese Abwägungsentscheidung stellen ebenfalls bedeutsame Faktoren dar, ob zum Schutz der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine therapeutische Anbindung und Kontrolle des Verurteilten bis zur späteren Aufnahme in den Maßregelvollzug erwartbar ist und ob alternativ durch Gewährung von Lockerungen in der Haft die Intensität der Verletzung des Freiheitsgrundrechts gemildert werden kann.