Schlagworte
HKÜ, Ablehnungsgründe, schwerwiegende Gefahr eines seelischen Schadens, miterlebte Gewalt
Leitsatz
1. Der Ablehnungsgrund des Art. 13 Abs. 1b HKÜ ist unter Berücksichtigung des Zwecks des HKÜ, eine zügige Sorgerechtsentscheidung im Herkunftsstaat zu ermöglichen, restriktiv auszulegen.
2. Der dem entführenden Elternteil obliegende Nachweis, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt, erfordert daher eine über die mit jeder Rückführung verbundenen Belastungen hinausgehende, besonders schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls.
3. Eine solche Beeinträchtigung kann vorliegen, wenn die entführende Mutter nachweist, dass der Vater vor der Entführung in Gegenwart des betroffenen Kindes mit einer ungeladenen Pistole auf sie gezielt und abgedrückt hat und deswegen eine hohe psychische Belastung des Kindes festzustellen ist, die sich in psychosomatischen Symptomen und gravierenden Ängsten äußert, und außerdem festgestellt werden kann, dass es für die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Dekompensation des Kindes bei der Rückkehr keine Rolle spielt, ob die entführende Mutter das Kind begleitet und das Kind dann die noch gesteigerten mütterlichen Ängste vor dem Vater erleben müsste oder ob das Kind gegen seinen Willen in die Hände des Vaters gegeben würde, vor dem es Angst hat.
4. In einem solchen Fall kann außerdem der Ablehnungsgrund des Art. 13 Abs. 2 HKÜ vorliegen, wenn der Widerstand des zehnjährigen Kindes gegen die Rückführung aufgrund der miterlebten Gewalt gegen die Mutter erklärlich erscheint.